Was ist Narzissmus
Narzissmus bewegt sich auf einem Spektrum.
Das Spektrum reicht von gesunder Selbstliebe bis hin zu destruktivem, pathologischem Verhalten.
Wir alle tragen narzisstische Anteile in uns.
Ein gesunder Narzissmus ist notwendig, um Selbstvertrauen zu haben, persönliche Grenzen zu setzen und die eigenen Ziele zu erreichen.
Im Gegensatz zum gesunden Narzissmus gibt es den pathologischen Narzissmus, wie bei der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung (NPS).
Hauptmerkmale des Narzissmus
Die Hauptmerkmale von narzisstischen Menschen sind fragiler Selbstwert, mangelnde Empathie, Anspruchsdenken, Bedürfnis nach Anerkennung und Bewunderung, Empfindlichkeit gegenüber Kritik, Überlegenheitsgefühl und Abwertung anderer.
Je nach dem wo auf dem Spektrum sich das narzisstische Verhalten befindet, können diese Merkmale mehr oder weniger stark ausgeprägt sein.
fragiler Selbstwert
Einer der Entstehungsgründe narzisstischer Persönlichkeitsmerkmale sind traumatische Erlebnisse in der Kindheit, die ihren Selbstwert massiv geschädigt haben.
Dadurch entstand gemäss Prof. Sam Vaknin das "falsche Selbst", ein idealisiertes Selbstbild, das als Schutzschild dient, um die tief empfundene Unsicherheit und das verletzte "wahre Selbst" zu verbergen.
Um diesen fragilen Selbstwert zu schützen, benötigen narzisstische Menschen konstante Bestätigung und Anerkennung von aussen.
Sie versuchen mit allen Mitteln zu vermeiden, mit ihrer eigenen Unsicherheit konfrontiert zu werden, da dies das "falsche Selbst" bedrohen und emotionale Verletzungen erneut aufbrechen lassen könnte.
Mangelnde Empathie
Narzisstische Menschen können sich nicht in die Gefühle oder Perspektiven anderer hineinzuversetzen, was auf mangelnde emotionale Empathie zurückzuführen ist.
Narzisstische Menschen besitzen jedoch kognitive Empathie.
Das heisst, dass sie die Gedanken und Bedürfnisse anderer rational durchaus erfassen können, diese Fähigkeit jedoch oft manipulativ nutzen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.
Ihr Mangel an emotionaler Empathie hindert sie daran, das Leid, das sie anderen zufügen, wirklich nachzuempfinden, da ihre eigenen Bedürfnisse stets an erster Stelle stehen müssen. Somit sind sie auch nicht in der Lage, echte emotionale Verbindung zu leben.
Selbst wenn sie ihre negativen Handlungen erkennen, wird dies selten von aufrichtiger Reue begleitet, sondern vielmehr von einer defensiven Haltung, die darauf abzielt, ihr "falsches Selbst" zu schützen.
Anspruchsdenken
Anspruchsdenken in narzisstischen Beziehungen zeigt sich dadurch, dass narzisstische Menschen glauben, besondere Privilegien oder eine bevorzugte Behandlung zu verdienen – unabhängig davon, ob dies berechtigt ist.
Sie erwarten, dass ihre Bedürfnisse und Wünsche immer Vorrang haben, und reagieren oft mit Wut oder Frustration, wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden.
Bedürfnis nach anerkennung und Bewunderung
Narzisstische Menschen sehnen sich ständig nach Anerkennung und Bewunderung, da sie Bestätigung von aussen benötigen, um ihr Selbstbild aufrechtzuerhalten.
Sie entwickeln oft Strategien, um sicherzustellen, dass ihnen eine konstante Zufuhr von Aufmerksamkeit und Bewunderung gewährt wird.
Dieses Bedürfnis ist zentral für ihr emotionales Gleichgewicht.
Empfindlichkeit gegenüber Kritik
Narzisstische Menschen reagieren extrem empfindlich auf Kritik.
Sie empfinden selbst konstruktive Rückmeldungen oft als Angriff und können schnell defensiv, wütend oder aggressiv reagieren.
Diese Reaktionen dienen dem Schutz ihres fragilen Selbstwertgefühls.
Überlegenheitsgefühl
Die narzisstische Person glaubt an die eigene Überlegenheit (Entitlement).
In narzisstischen Beziehungen ist das Überlegenheitsgefühl der narzisstischen Person ein zentrales Merkmal, das ihre Partner in eine untergeordnete Rolle drängt. Sie sehen Beziehungen oft als Werkzeug, um ihre eigenen Bedürfnisse nach Macht, Kontrolle und Bewunderung zu erfüllen.
Partnerinnen und Partner werden entwertet, wenn sie nicht mehr den Erwartungen entsprechen oder die grandiose Selbstwahrnehmung der narzisstischen Person infrage stellen.
Abwertung
Narzisstische Personen nutzen Abwertung als ein zentrales Mittel, um ihre eigene Machtposition zu sichern, ihre Partnerin oder ihren Partner emotional zu destabilisieren und ihre eigene Überlegenheit zu betonen.
Dies kann durch Kritik, Entzug von Zuneigung, Geringschätzung und das Infragestellen der Fähigkeiten oder des Werts der Partnerin oder des Partners erfolgen.
Abwertung ist für narzisstische Menschen ein Schutzmechanismus, um ihre fragile Selbstwahrnehmung zu stärken. Indem sie das Gegenüber als minderwertig darstellen, wahren sie ihr eigenes Bild von Stärke und Perfektion.
"Niemand wird wütender, als eine narzisstische Person, der vorgeworfen wird etwas getan zu haben, was sie wirklich auch getan hat"
Hauptformen des narzissmus
Die Hauptformen des Narzissmus umfassen grandiosen, verdeckten, malignen, kommunalen, somatischen und zerebralen Narzissmus.
Trotz den unterschiedlichen Ausdrucksweisen der verschiedenen Formen des Narzissmus, teilen sie sich dieselben Hauptmerkmale.
Sie streben alle danach, ihre Unsicherheiten zu kompensieren und sich in sozialen Beziehungen zu behaupten, sei es durch grandiose Selbstinszenierung oder subtile Manipulation.
Grandioser und verdeckter Narzissmus, zwei der Haupttypen, gelten als die beiden primären Formen, weil sie die grundlegenden Gegensätze in der narzisstischen Persönlichkeitsstruktur darstellen.
Der grandiose Typ ist nach aussen hin dominant, selbstbewusst und aufdringlich, während der vulnerable Typ introvertiert, empfindlich und von Selbstzweifeln geprägt ist.
Beide Formen basieren jedoch auf denselben inneren Unsicherheiten und Strategien zur Selbstwertregulation.
diagnose
Es ist äusserst schwierig, Narzissmus zu diagnostizieren.
Narzisstische Menschen, insbesondere am extremen Ende des Spektrums, zeigen selten Einsicht in ihr Verhalten und übernehmen kaum Verantwortung.
Sie empfinden diesbezüglich keinen inneren Leidensdruck, da sie ihre Schwierigkeiten und Konflikte auf andere projizieren und somit die Ursache ausserhalb ihrer selbst sehen.
Manchmal wird Narzissmus diagnostiziert, wenn sich Betroffene wegen Komorbiditäten – also Begleiterkrankungen – in Behandlung begeben.
Das können sein:
- Depressionen
- Angststörungen
- Substanzmissbrauch
- Andere Persönlichkeitsstörungen
Bis heute fehlen effektive Therapieansätze, um Narzissmus erfolgreich zu behandeln.
Bei milderen Formen des Narzissmus können jedoch Fortschritte erzielt werden, wenn Betroffene bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und sich auf einen langfristigen Prozess der Veränderung einlassen.
Häufig geschieht dies jedoch erst durch äussere Einflüsse, wie etwa ein Ultimatum von ihren Partnern oder Vorgesetzten.
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